Städtische Museen

Landsberg am Lech

Die Landsberger Zeitgeschichte im Stadtmuseum

Vorstellung des Planungsstands im Bildungs-, Sozial- und Kulturausschuss

17.03.2022

Von Sonia Fischer

Am 9. März 2022 stellte Museumsleiterin Sonia Fischer im Bildungs-, Sozial- und Kulturausschuss den derzeitigen Planungsstand zum Konzept der neuen Dauerausstellung mit dem Titel „Wege nach Landsberg“ im Neuen Stadtmuseum vor. Dabei legte sie den Schwerpunkt auf die Planungen zum Thema Zeitgeschichte, das im künftigen Museum ein Stockwerk einnehmen wird. Zusammen mit dem wissenschaftlichen Beirat besprechen wir in regelmäßigen Treffen die Themen, Objekte, Vermittlungsansätze und Fragestellungen der einzelnen Räume. Im Juli soll der letzte Raum ebenfalls besprochen sein, sodass wir im Oktober das Konzept in einer Podiumsdiskussion mit dem Beirat öffentlich vorstellen möchten.

Das Museum als offener Lernort

Im Vortrag für den Bildungs-, Sozial- und Kulturausschuss ging Sonia Fischer auch auf das Nutzungskonzept des Museums ein. Im ersten und zweiten Stock finden zukünftig die Dauerausstellungen zur Stadtgeschichte und zur Zeitgeschichte Platz. Im dritten Stock wird neben Büros und museumspädagogischem Raum Fläche für Sonderausstellungen eingerichtet. Das Erdgeschoss erhält einen Veranstaltungsraum für Eröffnungen, Lesungen oder Konzerte sowie ein „Museumsforum“ als öffentlich zugänglichen Aufenthaltsbereich mit Zugang zum Garten. Hier soll ein offener Ort entstehen, um sich zu treffen, zu unterhalten oder auch ein ruhiges Plätzchen zum Lesen oder Arbeiten zu finden.

Die Herausforderung bei der Entwicklung eines Museumskonzeptes liegt darin, nicht nur Themen aus der Masse an Möglichkeiten herauszufiltern und zu einem sinnigen, logischen und attraktiven Gesamtbild zu formen, sondern auch mit einem didaktischen Konzept die unterschiedlichen Bedürfnisse der Zielgruppen einzubinden. Das Neue Stadtmuseum als Lern- und Bildungsort fokussiert sich auf die drei Hauptzielgruppen der Schulklassen, der Tourist:innen und der Familien. Während wir also zum Beispiel Lernboxen für Schulklassen entwickeln werden, um selbsttätiges Lernen in Kleingruppen zu ermöglichen, benötigen Touristen mehrsprachige Angebote und fokussierte Vermittlung der Highlights. Für Familien dagegen sind ein spielerischer Zugang und das Mehr-Sinne-Prinzip besonders wichtig.

Ausstellung zur Landsberger Zeitgeschichte

Gestaltungsentwurf eines Raums zur Zeitgeschichte mit grauen Kuben als Element der Ausstellungsarchitektur und eingezeichneten Besuchern.Bewerbungsentwurf zur Abteilung Zeitgeschichte aus dem Gestalterbüro facts and fiction. © facts and fiction

Der wichtigste Baustein für die neue Ausstellung zur Zeitgeschichte ist die Frage nach dem Warum. Warum setzen wir diese Ausstellung um, mit welchem Ziel? Wir möchten zeigen, warum die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus auch heute noch von so großem öffentlichem Interesse ist. Wir möchten unseren Bildungsauftrag erfüllen und Linien zwischen Vergangenheit und Gegenwart ziehen. Die Ausstellung soll kein Geschichtsbuch aufschlagen, in dem abgeschlossene Vergangenheit nachzulesen ist. Sie soll zum Nachdenken anregen, Impulse setzen und demokratische Werte stärken. Uns alle beschäftigt die Frage, welche menschlichen Verhaltensmuster und Werte nicht nur damals in die Katastrophe geführt haben, sondern auch heute noch diktatorische Regime in den Krieg führen.

Die Ausstellung verzahnt dabei die deutsche Geschichte mit der lokalen Perspektive. Die Räume bilden einen Weg durch die Zeit von „Hitlers Weg nach Landsberg“ und „Landsbergs Weg in den Nationalsozialismus“ weiter in die NS-Zeit und in die Nachkriegszeit. Die Ausstellung zur Weimarer Zeit setzt sich mit Hitlers Ideologie auseinander, die er mit seiner Hetzschrift "Mein Kampf" in Landsberger Haft beschrieb. Zentrale Fragen sind, auf welchen Annahmen der Nationalsozialismus fußte, wann diese Thesen auch in Landsberg Anklang gefunden haben und ob sich auch heute noch Anleihen des NS- Vokabulars im Rechtspopulismus finden.

Ein eigener Raum zur Zeit des Nationalsozialismus geht auf das Konzept der „Volksgemeinschaft“ ein, die einerseits große Bevölkerungsteile integrierte und andererseits bestimmte Gruppen radikal ausschloss. Die Ausstellung geht mit biographischen Beispielen darauf ein, wie die Ausschlussmechanismen in einem zweigesichtigen System der geschönten Wirklichkeit und der exzessiven Gewalt konkret vor Ort funktionierte. Die Zuspitzung dieser fatalen Politik wird im Ausstellungbereich zum KZ-Außenlagerkomplex Landsberg-Kaufering deutlich.

In Nachkriegszeit begegneten sich Täter und Opfer in Landsberg auf engstem Raum. Während die Verschleppten, die Zwangsarbeiter und ehemaligen KZ-Häftlinge als Displaced Persons in Landsberg vorübergehend Bleibe fanden, waren die NS-Kriegsverbrecher im War Criminal Prison No 1 inhaftiert. Es ist aus heutiger Sicht völlig unerklärlich, dass nur wenige Jahre nach Kriegsende am 7. Januar 1951 dreitausend bis viertausend Menschen auf dem Landsberger Hauptplatz für die NS-Kriegsverbrecher demonstrieren gehen konnten, obwohl die Unterbringung von tausenden von Opfern der Terrorherrschaft im DP-Lager der Bevölkerung im Bewusstsein war und präsent vor Augen stand.

Warum die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit so gering war, bietet Anlass zur Diskussion, über das eigene moralische Wertesystem ins Gespräch zu kommen. Das Museum möchte hier Impulse setzen, um ein Bewusstsein für wiederkehrende Mechanismen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft anzustoßen.

Die Neugestaltung der Dauerausstellung und der Nutzflächen kostet rund 2,6 Millionen Euro. Auf Basis des vorgestellten Konzepts und der Kostenschätzung der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern konnten Fördermittel in Höhe von 2,2 Millionen Euro bereits eingeworben werden. Darunter die Fördermittel des Bundesministeriums für Kultur und Medien im Programm „Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Deutschland“ in Höhe von 1,5 Millionen Euro.

Begleiten Sie uns auf dem Weg zum neuen Museum! In unserem Sanierungsblog nehmen wir Sie mit hinter die Kulissen und erzählen Ihnen von unserem Alltag im Museum, von Fortschritten und Meilensteinen der Sanierung.

Wenn nicht anders angegeben, schreibt hier Anna Leiter, wissenschaftliche Mitarbeiterin.

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